Das Revier der Seenotretter Juist

Man muss es täglich neu erarbeiten“, sagt DGzRS-Seenotretter Björn Westermann über sein Revier rund um die ostfriesische Insel Juist.

Wenn Björn Westermann das Juister Revier beschreiben soll, bekommt er einen verträumten Blick. „Das ist Wahnsinn hier“, sagt der freiwillige Seenotretter auf der Station Juist dann. Und hat damit eigentlich schon alles zum Ausdruck gebracht: traumhafte Bedingungen für Wassersportler und extrem schwieriges Navigieren in den bisweilen sehr flachen Gewässern des Wattenmeeres. Die Schönheit und die Schwierigkeiten: Das eine ist vor Juist nicht ohne das andere zu haben. Die Seenotretter wissen das besser als viele andere – sie fahren auch dann raus, wenn andere reinkommen. Jedenfalls, wenn der Wasserstand es zulässt.

„Man muss es täglich neu erarbeiten“, sagt DGzRS-Seenotretter Björn Westermann über sein Revier rund um die ostfriesische Insel Juist. (Foto: DGzRS / Philipp Spalek)

Sportler und Frachtschiffe

Westermann ist begeisterter Kiter. Er weiß: Auch wer viel herumkommt in der Welt, schwärmt von den einmaligen Lichtverhältnissen und dem ganz besonderen Flair der südlichen Nordsee. Das Juister Revier ist noch nicht so überlaufen wie manch anderer Hotspot. Zudem macht der extreme Tidenhub es Anfängern an vielen Stellen einfacher, immer wieder Boden unter den Füßen zu finden. Winde und Wellen sind dennoch rassig genug, um auch anspruchsvolle Wassersportler herauszufordern. Rund um die Ostfriesischen Inseln gehen nicht zuletzt aus diesen Gründen viele Segler, Surfer und Sportbootfahrer ihrer Leidenschaft nach.

Doch im Kernrevier der Seenotretter von Juist, zwischen der Insel und dem ostfriesischen Festland sowie den Nachbarinseln Norderney und Borkum, sind nicht nur Sportler zu finden. Auch viele Kutter sowie die Fähren und Frachtschiffe der Frisia-Reederei sind hier unterwegs. Und das in schwierigem Fahrwasser. „Die Sandbänke verschieben sich laufend“, sagt Hauke Janssen-Visser, der Vormann der Juister Seenotretter. „Der Lebensraum im Wattenmeer verändert sich. Wo es gestern noch tief war, kann Dein Schiff heute schon auf Grund laufen.“

Das Revier verändert sich täglich

„Wenn ich auf Grund komme, fahre ich vorsichtig zehn Meter nach Backbord oder Steuerbord“, sagt Westermann. „Und wenn ich die Fahrrinne dann wieder gefunden habe, setze ich eine Markierung im GPS-Bordcomputer. Du musst Dir das Revier täglich neu erarbeiten.“ Die gedruckten Seekarten müssen ständig aktualisiert werden. „Sehr veränderlich“ steht an einigen Stellen in den Karten zu lesen.

Wie real die Problematik ist, war schon oft an den Einsätzen der Seenotretter erkennbar: Etwa 2009, als die „Frisia VI“ bei Niedrigwasser und Ostwind auf Grund lief und zwölf Stunden lang mit rund 200 Menschen an Bord im Watt festsaß. Oder 2011, als bei starkem Südostwind der Frachter „Tina“, beladen mit Baumaterial, im Juister Watt auf Grund saß. Erst vier Tage später kam er wieder frei – auch mit Unterstützung der Juister Seenotretter.

Die Seenotretter müssen für Einsätze oder Krankentransporte zuweilen auf den buchstäblich ersten Tropfen Wasser der Flut warten – erst dann ist ihr Boot wieder auslaufbereit. Immerhin: Die ganz besonderen Bedingungen ihres Reviers kennen die meisten Freiwilligen von Kindesbeinen an. „Viele andere werden nervös, wenn das Echolot eine Tiefe von 30 Zentimetern anzeigt“, sagt Janssen-Visser. „Hier bei uns ist das ganz normal.“

Anlässlich der Taufe des neuen Seenotrettungsboot HANS DITTMER werden in den kommenden Tagen hier weitere Bilder und Geschichten der Seenotretter auf Juist vorgestellt.

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