Kiebitze stecken im Zug-Stau

Auch Vogelwelt von Kältewelle betroffen

(Wiegboldsbur) – Kiebitze, wohin man blickt – auf vielen Wiesen, Weiden und Äckern in Ostfriesland können zurzeit große Trupps mit Kiebitzen beobachtet werden. Ein Phänomen, dass in den großen Vogelschutzgebieten Ostfrieslands normalerweise ein typischer Anblick für Februar und Anfang März wäre, ist nun in besonders starker Ausprägung bis in den April hinein im ganzen Nordwesten zu beobachten.

Selbst auf Rasenflächen und auf den Straßenseitenstreifen werden Kiebitze zu Hauf gesichtet. „Die Kiebitze stecken im Moment buchstäblich im Stau!“, erklärt Michael Steven von der NABU-Regionalgeschäftsstelle Ostfriesland das ungewöhnliche Phänomen. „Viele Zugvögel kehren gerade aus ihren Winterquartieren zurück und wagen sich wegen der anhaltenden Kälte nicht weiter,“ so Steven. „Neben den Kiebitzen halten sich auch noch weitere Arten in ungewohnt großen Anzahlen hier auf. Goldregenpfeifer, Drosseln,  Hausrotschwänze, um nur einige zu nennen, warten auf einen Wetterwechsel.“ Die Bekassine – Vogel des Jahres – trete offenbar sogar wieder den Rückzug an: In der Emsmarsch wurden diese Schnepfenvögel in den letzten Tagen in ungewöhnlich großer Zahl in Richtung Süden ziehend beobachtet.

Kiebitz in den Barsteder Meeden (Foto: NABU, 2011)

Auffallend sei bei den Kiebitzen jetzt auch die oft bemerkenswert geringe Fluchtdistanz, was auch auf Futtermangel hindeute, vermutet Michael Steven. Der nächtliche Frost lasse Regenwürmer und andere Nahrungstiere noch in tieferen Bodenschichten verharren, so dass die Wiesenvögel Probleme haben.

Normalerweise wären die Kiebitzschwärme längst weiter über ihre Brutgebiete verteilt, um auf feuchten Wiesen und auf Äckern ihre Reviere zu besetzen. Das zurzeit massenhafte Vorkommen täusche aber darüber hinweg, dass der Kiebitz auch in Ostfriesland stark gefährdet ist. Viele ehemalige Brutgebiete in den Hammrichen und insbesondere auf der Geest seien bereits verwaist. Dass der Kiebitz mancherorts überhaupt noch vorkomme liege lediglich am mitunter hohen Lebensalter von über 20 Jahren. Sie bleiben ihren Brutgebieten treu, selbst dann, wenn sie wegen der starken Entwässerung, Verlusten bei der frühen Wiesenmahd oder wegen des starken Einflusses von Beutegreifern über Jahre hinweg keinen Nachwuchs mehr groß bekommen. Die Bestände sind in Niedersachsen in den letzten Jahren dramatisch zurück gegangen. „Wenn das so weiter geht, werden viele Niedersachsen Kiebitze bald nur noch außerhalb der Brutzeit zu Gesicht bekommen,“ befrüchtet Steven. Der charakteristische Ruf des Kiebitzes „Kiwiet“ könnte dann im Frühjahr vielerorts nur noch in seltenen Wetterlagen zu hören sein – wenn sie bei uns mal wieder im Stau stecken.

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